
Der Auftritt der jüdisch-orthodoxen Rabbiner der jüdisch-orthodoxen Bewegung „Neturei Karta“ (= Wächter der Stadt, gegründet 1935, Abkürzung:  NK) am 27. Januar 2014 vor dem Berliner Denkmal und zwei Tage darauf der Besuch des Gruppensprechers, Rabbi Yisroel Dovid Weiss, im Kanzleramt haben Staub aufgewirbelt:
– Israels Außenministerium befragte die deutsche Seite zu Informationen
– israelische Medien kritisierten den Empfang und die Gruppe NK
– deutsche Medien veröffentlichten polemische Propaganda – neben sachlicher Kritik
Besonders die deutschen Medien ließen dabei gelegentlich Maß und Vernunft vermissen: NK wurden als „Taliban“ verunglimpft, weil strenggläubige orthodoxe Frauen auch weitgehend verhüllt in die Öffentlichkeit gehen, Hörstel wurde als „harter Gegner Israels“ bezeichnet.
Derartiges Vorgehen ist insgesamt Kennzeichen politischer Hilflosigkeit an verschiedenen Punkten:
– Die Deutsche Mitte begrüßt engen und vertrauensvollen Kontakt zu allen Regierungen und Völkern – selbstverständlich auch zu Israel.
In Zeiten, in denen weltweit über ein System von Boykott, Desinvestment und Sanktionen (BDS) gegen Israel nachgedacht wird, um die vielfach rechtsbrecherische Politik seiner Regierungen positiv zu beeinflussen, muss das auch im Fall Israel an sich sehr begrüßenswerte konstruktive und freundschaftliche Instrument gemeinsamer Kabinettssitzungen wirken wie eine umfassende Blanko-Unterstützung für solche Rechtsbrüche. Daher wendet sich die Deutsche Mitte derzeit vehement gegen diese gemeinsamen deutsch-israelischen Kabinettstreffen – leider bisher vergeblich, trotz der vielfältigen Verschlechterung der Lage der großen palästinensischen Mehrheit in Palästina.
BDS hat im Fall Südafrika sehr wirkungsvoll eine insgesamt hervorragend positive Entwicklung hervorgerufen und bestärkt; der verstorbene Präsident und Nobelpreisträger Nelson Mandela hat sich oftmals entsprechend geäußert. Die Deutsche Mitte unterstützt auch deshalb ausdrücklich ein solches Vorgehen auch gegen Israels Apartheidpolitik. Bloße Lippenbekenntnisse an Mandelas Grab nützen niemandem.
Die von der Bundeskanzlerin Merkel erstmals vor der UN-Vollversammlung 2007 vorgetragene angebliche „deutsche Staatsräson“ einer deutschen Sicherheits“Verantwortung“ (was immer das im Ernstfall sein mag) für Israel widerspricht dem von Frau Merkel abgelegten Amtseid, der klar und eindeutig Verpflichtungen für Deutschland und das deutsche Volk vorsieht, nicht jedoch für andere Völker und Staaten. Gesetzlich ist eine solche Verantwortung ohnehin nicht nur nicht verankert, sie ist ausgeschlossen, schlimmstenfalls eine grobe Amtspflichtverletzung, Illoyalität und Eidbruch.
Eine Informationspflicht des Kanzleramts zur Termingestaltung gegenüber anderen Staaten besteht grundsätzlich nicht. Selbstverständlich bestimmt das Kanzleramt eigenständig und selbständig über die Terminkalender seiner Mitarbeiter.
Kritik und harsches Auskunftsersuchen Israels wegen des NK-Termins im Kanzleramt wird als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Kanzleramts zurückgewiesen, von denen Deutschlands ganz zu schweigen. Angegriffen wird hier ein Stück Souveränität, das jedem Volk zusteht.
– Die Organisation Neturei Karta wendet sich seit nunmehr 75 Jahren erfolgreich gegen die undemokratisch-aggressive und rassistische Politik Israels gegen Palästinenser innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen. NK ist damit ein wichtiger internationaler Faktor geworden, der wirksam verhindert, dass die hoch problematische Politik radikaler Zionisten pauschal allen Menschen jüdischen Glaubens angelastet wird. Verunglimpfung und Herabwürdigung der Neturei Karta erschweren daher nicht nur den internationalen Dialog, sondern behindern auch die gesunde, interne demokratische Auseinandersetzung in Israel.
Neturei Karta und ihre Mitglieder und Rabbiner sehen sich seit Bestehen der Organisation immer wieder brutaler Gewalt bis hin zu Terror-Anschlägen, Folter und Mord ausgesetzt – durch radikale Zionisten. NK selbst wendet derartige Methoden grundsätzlich nicht an – das behaupten selbst die Zionisten nicht.
Dass die Staatsgründung Israels und die Politik israelischer Regierungen im krassen Widerspruch zur Tora steht, ist eine Tatsachenfeststellung – darüber lässt sich kaum streiten. „Juden ist es verboten, zu morden und zu stehlen“, fügen NK-Vertreter hinzu. Hier ist nur anzumerken: Das gilt gleichermaßen für Christen, Muslime und weltweit für die allermeisten Menschen, unabhängig von Religionsfragen. In Palästina und anderswo sterben jedoch mit großem Abstand vor allem Menschen muslimischen Glaubens, werden beraubt, ungerecht inhaftiert, gefoltert und vielfach unterdrückt – auch Kinder.
– Christoph Hörstel setzt sich intensiv für Frieden und gerechten Ausgleich zwischen allen Menschen in Palästina ein. Dabei liegt es bedauerlicherweise in der Natur der Lage dort, dass Israels Regierungen stärker kritisiert werden als Organisationen der Palästinenser. Eine Gegnerschaft zum Staat Israel kann dadurch weder hergeleitet noch begründet werden, auch deshalb nicht, weil sie nicht besteht.
Wenn jedoch Vertreter eines Staates bereits vor dessen Gründung die Ãœbertretung der wichtigsten rechtlichen Regeln fest einplanen, anschließend auch folgerichtig durchführen – und eine Abkehr von einer solchen Politik des massenhaften Verbrechens auch nach mehr als 65 Jahren nicht in Sicht kommt, dann ist es unverzichtbarer Teil einer verantwortlichen ethischen Politik, auch über ganz neue Gesamtregelungen für eine Region nachzudenken, die Schutz und Rechtswahrung für alle Beteiligten besser zu erreichen versprechen.
Schließlich: Deutsche Medien könnten versuchen, in Israel-Fragen nicht mehrfach radikaler zu klingen als radikale Zionisten in Israel, die Gesetzesbrüche billigend in Kauf nehmen, soweit sie sie nicht direkt selbst planen oder gar ausführen. Anderenfalls kann ein Schaden für die Glaubwürdigkeit dieser Medien in Deutschland nicht ausgeschlossen werden, unabhängig von der zweifellos bestehenden Marktmacht.
Link zum DM-Video:Â http://youtu.be/3y3vPRrAplo
LINKLISTE
Deutsche Medien
http://www.n-tv.de/politik/Merkel-Mitarbeiter-traf-anti-israelische-Juden-article12207306.html
Israelische Medien
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4484183,00.html
Besonders schlampige Recherche/unzutreffende Behauptung: Israels Existenzrecht hat Christoph Hörstel nie angezweifelt – und tut dies auch heute nicht.
http://www.kosherpress.com/german-chancellor-merkel-official-meets-members-of-neturei-karta-sect/